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Oktober 2017
Knöpfe drücken, Hebel ziehen, Pedale treten: HAZ-Volontärin Tomma Petersen versucht sich als Bauarbeiterin auf dem Gelände. Dabei erhält sie Einblicke in einen Job, der Multitasking erfordert.
Lässig fährt Bauarbeiter Lutz Kunze mit dem 36 Tonnen schweren Bagger auf dem nassen Lehmboden auf mich zu. Dann drehen sich das Kettenfahrwerk und die Baggerkabine abwechselnd – und Kunze parkt das gelbe Monstrum rückwärts neben mir ein. „Und jetzt du“, sagt der 50-Jährige und grinst in meine Richtung.
Vor einigen Tagen haben die Männer von der Baufirma eine Mauer auf dem Wasserstadt-Gelände eingerissen. An ihrer Stelle – dicht an der Wunstorfer Straße – sollen Schmutz- und Abwasserrohre aus Beton verlegt werden. Dazu muss aber erst der Schutt weggeräumt werden. Das ist die Aufgabe von Baggerfahrer Lutz. Auf der Baustelle nennen sich alle beim Vornamen. Und weil Lutz auch mal eine kleine Pause machen muss, darf ich samt Bauhelm über das Kettenfahrwerk in die Baggerkabine klettern.
„Das sieht gar nicht kompliziert aus – zwei Joysticks oben und hier ist die Kupplung. Fast wie beim Auto“, sage ich fachmännisch und tippe mit dem Fuß auf das linke Pedal. Lutz lacht. „Nee, alles automatisch“, sagt er, „das ist die Steuerung vom Fahrwerk.“ Ich sinke in dem gepolsterten Sitz zusammen. So einfach scheint das Ausbaggern dann also nicht zu sein.
„Das ist ein Sieblöffel. Der wiegt übrigens eine Tonne“
„Eigentlich braucht man nur zwei Stunden Übung. Wer dann nicht fahren kann, lernt es nie“, ruft Bauarbeiter Marcel Pergelt zu Lutz und mir in die Fahrerkabine hoch. Lutz erklärt mir dann lieber ganz langsam, wofür die Schalter, Hebel und Pedale da sind.
Mit den Füßen bedient der Fahrer die zwei Pedale für das Kettenfahrwerk. „Die haben auch Hebel zur Handbedienung, aber die Hände brauchst du ja“, sagt Lutz und zeigt auf die Joysticks jeweils links und rechts an den Armlehnen. Drehe ich den linken Joystick nach rechts, dreht sich die Kabine in die gleiche Richtung.
„Mit dem rechten Joystick kippt man den Löffel an und aus“, sagt Lutz. Ich schaue ihn fragend an. Er deutet auf die Baggerschaufel. „Das ist ein Sieblöffel. Der wiegt übrigens eine Tonne“, erklärt er. Der Sieblöffel hat mehrere Streben, durch die kleine Steine und Erde fallen können. Ankippen, auskippen, Kabine nach links und rechts drehen und dabei mit den Füßen das Fahrwerk steuern – „das ist ganz schön viel gleichzeitig“, sage ich zu Lutz, der seit 30 Jahren Bagger fährt.
„Mit den Hebeln musst du auch noch den Stielzylinder und den Ausleger steuern“, sagt er und meint damit den langen Arm des Baggers. Ausfahren, anheben, absenken, einfahren – und bloß nicht die Füße vergessen. Mir schwirrt der Kopf. Nicht einen Zentimeter könnte ich das 36-Tonnen-Gerät durch den Schlamm fahren, geschweige denn einen Haufen Schutt aussieben. Ich gebe auf.
Stattdessen zeigt mir Lutz, wie die Profis arbeiten. Schuttladung für Schuttladung greift er mit dem Löffel. Dann rüttelt er so lange, bis die schwarze Erde aus dem Sieblöffel kommt und nur noch Bauschutt übrig bleibt, den er auf einen eigenen Haufen kippt. „30 Prozent davon kann man recyceln, die Erde wird getestet und wieder verteilt, wenn sie nicht belastet ist“, sagt der Baggerfahrer. Damit alles fein säuberlich abgetragen und der Schutt sortiert ist, muss er sich auf dem Bagger noch eine ganze Weile durchschütteln lassen.
Von Tomma Petersen (Text) und Clemens Heidrich (Fotos)
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