Bürgerbeteiligung braucht Öffentlichkeit
Zwischen Protest, Anwaltsplanern und bunten Kärtchen: Bürgerinitiative Wasserstadt erhält Lehrstunde und diskutiert über gute Bürgerbeteiligung26
APRIL 2018
Bürgerbeteiligungen in Form von Bürgerinitiativen haben in Hannover Tradition. Doch welche Faktoren verhelfen zum Erfolg? Darüber hat die Bürgerinitiatve Wasserstadt mit zwei ehemaligen Anwaltsplanern diskutiert.
Gute Bürgerbeteiligung braucht eine Stadtteilöffentlichkeit, Prozessgeduld und eine Vermittlungsperson. Soweit die Quintessenz der Veranstaltung „Was braucht gute Bürgerbeteiligung?“, zu der die Bürgerinitiative Wasserstadt (BIW) vergangenen Dienstag geladen hatte. Rund 30 Teilnehmer lauschten im Gemeindehaus St. Nikolai in Limmer den Ausführungen der beiden ehemaligen Anwaltsplaner Klaus Holland und Ernst Barkhoff.
„Stadtteilöffentlichkeit heißt, dass nicht nur sporadisch zu bestimmten Anlässen eine Öffentlichkeit da ist, sondern permanent“, erklärt Holland. In Linden-Süd habe es in den Siebzigerjahren ein Stadtteilforum gegeben. Dort seien in öffentlichen Sitzungen alle Probleme diskutiert worden, anfangs jede Woche. So habe man Druck aufbauen können. „Außerdem muss eine Ressource da sein, eine Person, die die Anregungen der Bürger fachlich qualifiziert“, so Holland weiter.
Früher sei es Standard gewesen, dass ein sogenannter Anwaltsplaner Initiativen dabei unterstützte, eigene Konzepte zu erarbeiten. Außerdem hätten Politik und Verwaltung Interesse an den Planungsalternativen der Bürger gezeigt.
Diese Form der Bürgerbeteiligung hat in Hannover Tradition. Der ehemalige Stadtbaurat Hanns Adrian brachte die Idee in den Siebzigerjahren aus Frankfurt mit. Umgesetzt wurde sie unter anderem in Linden-Süd und Linden-Nord. In Limmer gibt es derzeit zwei Bürgerinitiativen, die sich mit der geplanten Wasserstadt beschäftigen.
„Stadtteilöffentlichkeit heißt, dass nicht nur sporadisch zu bestimmten Anlässen eine Öffentlichkeit da ist, sondern permanent.“
Zwar konnten sie bereits einige Anliegen durchsetzen. Es bleibt jedoch das Gefühl, dass Beteiligung alles andere als erwünscht ist. „Immer, wenn man auf den Punkt kommen will, gibt es keinerlei Informationen“, ärgert sich BIW-Sprecher Thomas Berus. Barkhoff ergänzt: „Manchmal dürfen Bürger Wünsche auf bunte Kärtchen schreiben, die dann von einem professionellen Moderator vorgelesen werden. Über den Sinn und Unsinn einzelner Punkte wird jedoch nicht gesprochen. Das ist keine Beteiligung.“
Letztlich profitierten jedoch alle davon, wenn sich die Beteiligten in Gesprächen auf Augenhöhe begegneten, so Barkhoff: „Bürgerbeteiligung schafft Vertrauen zwischen Einwohnerschaft, Politik und Verwaltung und stärkt lokale Gremien wie den Bezirksrat, weil die Bevölkerung dann hinter ihm steht. Dadurch fördert sie das Demokratieverständnis vor Ort – ein hochaktuelles Thema angesichts zunehmender rechter Tendenzen und dem Gefühl, nicht gehört zu werden.“
Was gute Bürgerbeteiligung ausmacht, wurde an diesem Abend deutlich. „Für mich stellt sich nun die Frage, wie wir da wieder hinkommen“, sagt BIW-Sprecher Uwe Staade. Mit diesem Thema will sich die Initiative in den kommenden Wochen beschäftigen.
Das nächste Treffen dazu ist für Dienstag, 29. Mai, um 19.30 Uhr geplant.
Von Anna Kiefer
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