Historischer Kinosaal neben der Wasserstadt entdeckt

Eigentümer lassen Gebäude in Limmer sanieren und stoßen auf Art-Deco-Schmuckdecke

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JULI 2018

Wo einst ein Freund Goethes residierte, befindet sich heute der vielleicht bekannteste Kiosk in Limmer. Auf dem Hof der Frischen Ecke in der Wunstorfer Straße haben Bauarbeiter jetzt die Decke eines alten Kinos entdeckt. Doch die Planungen für eine Nachnutzung sind noch geheim.

Dieser Fund beflügelt die Fantasie: Bei der Sanierung eines Gebäudes auf dem Hof des Kiosks Frische Ecke an der Wunstorfer Straße haben Bauarbeiter die Decke eines ehemaligen Gaststätten- und Kinosaals freigelegt. Jahrzehnte war die Schmuckdecke im Art-Deco-Stil unter einer Abhängung verborgen gewesen, die Jahre haben ihr arg zugesetzt. Doch die wesentlichen Gestaltungsmerkmale, Farben und Zierelemente sind noch so weit zu erkennen, dass eine Rekonstruktion möglich scheint.

Ruhmreiche Geschichte: Im Gebäude des Kiosks Frische Ecke befand sich das Hotel Zum Kronprinzen. Im zugehörigen Saal war später ein Kino, dieses Gebäude wird jetzt saniert. Foto: Moers

Der Fund hat auch die Eigentümer überrascht, die das Gebäude derzeit von der Firma Haack-Immobilien sanieren lassen. Wie sie den Backsteinbau, der zuletzt als Werkstatt diente, künftig nutzen wollen,  mögen sie noch nicht verraten. Gleichwohl lassen rekonstruierte Fenster und Eingänge schon von außen erkennen, dass beim Umbau offensichtlich das ursprüngliche Erscheinungsbild des Gebäudes berücksichtigt werden soll. Fotos von der freigelegten Decke werde es allerdings erst geben, „wenn das Objekt fertiggestellt ist und in die Vermietung geht”, wie Jessica Felsner, Sprecherin von Haack-Immobilien, sagt. Man wolle das Projekt dann mit einem „Paukenschlag” der Öffentlichkeit präsentieren.

Die Planer haben sich nach ihrer Entdeckung mit dem Stadtteilhistoriker Rudolf Lotze in Verbindung gesetzt, um mehr über die Geschichte des Gebäudekomplexes zu erfahren. „Die Hausnummer 86 –  das waren die Kronprinzen-Lichtspiele und das gleichnamige Hotel”, weiß Lotze. Er ist in Limmer geboren und hat dort selbst manchen Film gesehen. Von 1921 bis in die Sechzigerjahre hinein befand sich in dem flacheren Anbau hinter dem heutigen Frischemarkt das Kino mit seinen 300 Sitzplätzen. Der Eingang war damals in der Großen Straße. Auch er wird wohl im Zuge der Umbauarbeiten wiederhergestellt. Zuletzt hatte der Weg in den alten Saal über den Innenhof geführt.

„Die Hausnummer 86 –  das waren die Kronprinzen-Lichtspiele und das gleichnamige Hotel.“

„Der Saal gehörte zuvor zum Limmeraner Traditionshotel Zum Kronprinzen“, erzählt Limmer-Experte Lotze. In seinem Stadtteilarchiv im Gemeindehaus der St.-Nikolai-Kirchengemeinde hat er historische Fotos, Postkarten und die Chronik des Gebäudes zusammengetragen. Auf einer gezeichneten Postkarte, die er auf die Zeit um die Wende zum 20. Jahrhundert datiert, ist auch die Schmuckdecke abgebildet. Eine alte Zeitungsanzeige aus der Zeit bewirbt den Kronprinzen als „geräumiges Lokal mit Klubzimmer und Piano. Saal für Familien und Vereine. Großer schattiger Garten.” Die Spezialitäten des Hauses sind demnach Schinken, Mettwurst, Lüttje Lage und unterschiedliche Biere.

Zu den bekanntesten Gästen zählte der Weggefährte und Freund Goethes, Johann Peter Eckermann. Der Dichter residierte 1844 ein halbes Jahr in Limmer, nachdem er die Stadt Weimar wegen zu hoher Schulden verlassen musste. Eckermann arbeitete während seiner Zeit in Limmer am dritten Band seiner bekannten „Gespräche mit Goethe”.

Die Geschichte des Kronzprinzen lässt sich sogar bis ins 17. Jahrhundert nachvollziehen: 1643 befand sich dort bereits der Limmersche Krug. Mit dem Ende des Kinos begann dann der Niedergang. „Ende der Neunzigerjahre war das Gebäude nach langem Leerstand verfallen und vom Abriss bedroht“, sagt Lotze. Die aktuelle Sanierung interessiert nicht allein den Historiker. „Es könnte ein Restaurant werden oder ein Hotel”, munkelt ein Nachbar. Noch lassen sich die Bauherren aber nicht in die Karten schauen.

Von Mario Moers (Text); Fotos: Moers, Privat

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