Pläne werden konkreter: Neue Buslinie, Zugbrücke für Radfahrer, weniger Autos
Die Planer haben ihr Konzept für die weitere Bebauung der Wasserstadt in Hannover-Limmer konkretisiert. Die Bebauung wird insgesamt dichter als bisher geplant, aber man soll das kaum merken. Klar ist: Wegen der Krisen wird das Quartier wohl langsamer fertig als erwartet. Die Bürgerinitiative fordert bessere Beteiligung, die Politik muss bald entscheiden.11.
November 2022
Die ersten Wohnungen im Neubauquartier Wasserstadt Limmer sind schon bezogen, in der Kita spielen Kinder, die Arbeiten auch für den großen Einkaufsmarkt schreiten voran. Parallel dazu konkretisieren sich die Pläne für den zweiten, weitaus größeren Bauabschnitt des ehemaligen Industriegeländes, der auf der Halbinsel bis zur Spitze zwischen den Wasserläufen reicht.
Ursprünglich hatten die Investoren mal geplant, bis 2030 alles fertig zu haben. Ob das jetzt noch klappt angesichts von Baukostensteigerungen, Materialproblemen und weltweiten Krisen, will Stadtbaurat Thomas Vielhaber aktuell zwar nicht garantieren. „Die Krisen sind aber kein Grund aufzuhören“, sagte er am Donnerstag bei der Vorstellung der aktuellen Planungsentwürfe: „Wir haben ja trotzdem weiterhin einen sehr hohen Wohnraumbedarf in der Stadt.“
Im Februar hatten Stadt und Investoren, neben der Papenburg-Gruppe sind das neuerdings auch ECE aus Hamburg und die Wohnkompanie Nord der Bremer Zech-Gruppe, nach einer Bürgerbeteiligung in einem Architektenwettbewerb festgelegt, dass die Planung auf Grundlage eines Entwurfs der drei Büros Chora Blau (Hannover), Monadnock (Rotterdam) und Planersocietät (Dortmund) weiterentwickelt wird. Jetzt liegen erste Ergebnisse vor, die zunächst im Stadtteil und in den Ratsausschüssen vorgestellt und dann vom Rat beschlossen werden sollen.
Das sind die neuen Planungen:
Dichtere Bebauung: Insgesamt soll das Gebiet urbaner werden als ursprünglich geplant, also dichter bebaut. Das Thema ist seit Jahren ein Zankapfel zwischen Stadtspitze und Bürgerinitiative. Stadtbaurat Vielhaber sagt nun aber, dass man von der dichteren Bebauung kaum etwas mitbekommen werde. Unter anderem sollen die Häuser tiefer werden (14 statt 12,50 Meter), sodass man mehr Wohnraum darin unterbringt. Zudem werde es nur in weniger als der Hälfte der Gebäude unterirdische Tiefgaragen geben, dafür aber einen zentralen „Mobilitätshub“, in dem außer einem Autoparkhaus auch Carsharing-Station, Fahrradverleih, Bushaltestelle und anderes untergebracht würden.
Neue Busanbindung: Weiterhin hofft die Stadt auf einen Stadtbahnanschluss, den die Region planen muss. Um aber schnell eine bessere Verkehrsanbindung zu präsentieren, gibt es ab dem Fahrplanwechsel im Dezember eine zusätzliche Buslinie (Arbeitstitel: „7xx“). Sie fährt anfangs nur zum ersten Bauabschnitt, später zum Mobilitätshub, der mitten im Gebiet nahe der Schleuse Stockhardtweg liegt.
Fahrrad-Zugbrücke: Für Radfahrende soll es eine neue Brücke über den Stichkanal Linden geben, deren Zuwegung möglicherweise durch die denkmalgeschützten Altbauten verläuft. Ziel der Planer aus den Niederlanden ist eine Zug- oder Drehbrücke, wie sie sind in Holland typisch sind, aber auch in Norddeutschland vorkommen. Der Vorteil: Sie könnte relativ flach über den Kanal führen und würde Schiffen den Weg nur dann freigeben, wenn sie sich nähern. Die Absprachen mit der Wasser- und Schifffahrtsbehörde des Bundes liefen aber noch, sagt Vielhaber. Wenn die Zug- oder Drehbrücke nicht realisiert werden dürfe, müsse es eben eine mit Rampen geben.
Serielles Bauen: Um die enormen Kostensteigerungen am Bau zumindest zum Teil zu kompensieren, will die Stadt erstmals wieder in größerem Stil sogenanntes serielles Bauen ausprobieren. „Das hat aber nichts mit eintöniger Plattenbauweise zu tun“, versprach Stadtplanungschef Torsten Warnecke bei der Präsentation. In 70 Prozent der Gebäude ließen sich Kosten sparen, wenn man zum Beispiel Wohnungsgrundrisse nach bestimmten Typologien immer gleich baue. Die Fassaden sollten hingegen so variiert werden, das trotzdem ein „vielfältiges Quartier“ entstehe. Die Planer aus den Niederlanden seien „etwas weiter bei solchen Impulsen als wir“, sagte Vielhaber. Vielfältig werde das Quartier auch dadurch, dass viele verschiedene Nutzungen, etwa Geschäfte, Apotheken und Dienstleister, zwischen den Wohnungen Platz finden sollen.
Parken: Autos am Straßenrand – das soll kein Normalfall sein im Quartier. Es werde einzelne Stellplätze geben für Menschen mit Beeinträchtigung und für Anlieferungen. Ansonsten aber verschwänden Autos in Parkgaragen oder in dem „Mobilitätshub“. Insgesamt aber soll es vor allem weniger Autos geben: Die Stadt rechnet mit 0,55 Autoparkplätzen pro Wohnung – also für zwei Wohnungen jeweils ein Auto. Das ist für ein Gebiet am Stadtrand relativ wenig. Umgekehrt ist Parkluxus für Fahrradnutzende geplant. 5000 bis 6000 Stellplätze ebenerdig direkt in den Wohnhäusern seien mit den Investoren abgesprochen, sagt Vielhaber. Das klingt viel. Jeder Radstellplatz aber ist für Investoren um ein Vielfaches billiger als Autostellplätze.
Denkmalgebäude: Die historischen Industriedenkmale, die seit Jahren ungeschützt vergammeln, sollen einen eigenen Bebauungsplan bekommen, der in allen Details festlegt, was mit ihnen zu passieren hat. Derzeit liefen aber noch Gutachten dazu, sagte Stadtbaurat Vielhaber. Er versprach auf Nachfragen, dass der Plan für die Denkmale keinesfalls erst nach dem Bebauungsplan für die Wohnbebauung festgelegt werde – damit die Investoren nicht die Möglichkeit haben, zunächst die lukrativen Immobiliengeschäfte abzuwickeln und danach die Ruinen weiter zu vernachlässigen.
„Die Krisen sind kein Grund aufzuhören“
Bürgerbeteiligung: Weil während der Beteiligung im Februar 84 Prozent der Teilnehmenden dem Siegerentwurf des Architekturwettbewerbs ihre Stimme gegeben haben, rechnet Vielhaber mit einer großen Zustimmung zur neuen Planung. Es sei „ein Konsensplan, kein Dissenzplan“, sagt der Stadtbaurat, deshalb gebe es keine Notwendigkeit mehr, die weitere Planung von einem Runden Tisch begleiten zu lassen. Zudem seien von 102 Wünschen aus der Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung mehr als 90 Punkte in dem Plan erfüllt, sagte Stadtplanungschef Warnecke. Er soll jetzt sowohl im Stadtteil wie auch in den Ratsgremien präsentiert und beschlossen werden und dann als Grundlage für den künftigen, rechtsverbindlichen Bebauungsplan gelten.
Kritik daran: Die Bürgerinitiative Wasserstadt Limmer, die das Projekt seit Jahren kritisch begleitet, wirft den Planern vor, seit Jahresbeginn „hinter verschlossenen Türen“ die Pläne verfeinert zu haben. Sie erwarten intensivere Beteiligung und wollen auch den runden Tisch fortsetzen.
Von Conrad von Meding
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