Mehr Wohnungen in der Wasserstadt? Politik ist skeptisch
Hannovers Bauverwaltung hält eine dichtere Bebauung des Wohngebiets in Limmer für denkbar, um den Wohnungsmangel zu lindern und Investoren zufriedenzustellen. In der Ratsmehrheit aber gibt es Vorbehalte – und wenig Willen, ein Wahlversprechen zu brechen.21.
September 2021
Der Vorstoß des Baudezernats, entgegen einem deutlichen Versprechen des Rates jetzt doch über eine mögliche Ausweitung des Wohnungsbaus in der Wasserstadt Limmer nachzudenken, hat am Dienstag ein unterschiedliches Echo ausgelöst. „Das war nicht schlau: Die Verwaltung hätte erst das Gespräch mit der Politik suchen müssen“, sagt Daniel Gardemin (Grüne). SPD-Fraktionschef Lars Kelich sagt zwar: „Wir sind offen für Vorschläge, wie mehr bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden kann in Hannover.“ Aber er sagt auch: „Der Ratsbeschluss steht.“
Der Ratsbeschluss: Der hat 2015 festgelegt, dass in dem malerischen Neubaugebiet zwischen Kanälen in Limmer eine Maximalgrenze von 1800 Wohnungen gelten soll. Er wurde nach heftigen Auseinandersetzungen gefällt um die Dichte der Bebauung in dem künftigen Wohnquartier, um die Verträglichkeit des Verkehrs und Integration der neuen Siedlung in den Charakter des alten Limmer. Ausgehandelt wurde der Beschluss unter dem damaligen Baudezernenten Uwe Bodemann.
Sein Nachfolger Thomas Vielhaber (SPD) aber hat jetzt drei Probleme. Zum einen soll er das Tempo im Wohnungsbau erheblich steigern, damit mehr Menschen schneller eine Wohnung finden. Zum anderen soll er mehr preiswerten Wohnungsbau ermöglichen, damit mehr Menschen eine Wohnung auch bezahlen können. Und zum dritten sind dem Wasserstadt-Unternehmer Günter Papenburg die Partner aus dem ersten Bauabschnitt abgesprungen. Und die neuen Investorenpartner für den zweiten, größeren Bauabschnitt sagen, dass sie Wohnungen nur dann preiswerter anbieten können, wenn etwa 40.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche mehr gebaut werde. Das bedeutet: 230.000 statt 190.000 Quadratmeter und damit etwa 2200 statt 1800 Wohnungen.
„1800 waren schon ein Kompromiss“
„Die 1800 waren schon ein Kompromiss“, sagt Grünen-Baupolitiker Gardemin: „Ursprünglich waren in der Wasserstadt 500 bis 600 Einfamilienhäuser geplant.“ Er sehe nicht, wieso man den Anwohnern aus Limmer zumute sollte, diesen Kompromiss erneut aufzuschnüren. Vor allem, da noch nicht einmal die Verkehrsprobleme im Stadtteil gelöst seien. Autos und Lkw quälten sich über die Bundesstraße 441 an der Wasserstadt vorbei, ein Stadtbahnanschluss sei nicht in Sicht. „Ich glaube nicht, dass der Wasserstadt mehr Wohnungen gut tun werden – dort wird jetzt schon dichter gebaut als am Kronsberg“, sagt Gardemin.
SPD-Mann Kelich will den Investoren wenigstens eine Chance geben. „Ich finde es in Ordnung, wenn sich Papenburgs neue Projektpartner Gedanken machen, wie sie die Bezahlbarkeit von Wohnraum sicherstellen wollen.“ Wenn sie es mit seriellem Bauen hinbekämen, Neubauwohnungen auch im Segment um 10 Euro zu erstellen, dann „sollen sie das zumindest vorstellen können“. Vieles, was als Problem benannt werde, gelte ohnehin nicht mehr. „Der Verkehr auf der Wunstorfer Straße hat deutlich abgenommen, das ist messbar“, sagt Kelich.
Bezirksbürgermeister Rainer-Jörg Grube (Grüne) erinnert daran, dass der Bezirksrat 2015 als Obergrenze eigentlich sogar 1200 Wohnungen gewünscht hatte. „Wir sehen keinen Grund, am bestehenden Beschluss des Rates zu rütteln“, sagt er. Er kritisiert zudem, dass Politik und Anwohner erneut nicht beteiligt worden seien an den Überlegungen zum Aufstocken der Wohnungszahl. Stattdessen sei nur kurzfristig informiert worden, dass die Verwaltung den planenden Architekturbüros jetzt größere Spielräume bei der Wohnungszahl lasse.
Bis kurz vor der Wahl hatte das Baudezernat auf Nachfragen der Anwohnerinitiative dementiert, dass die Zahl der Wohnungen auf 2200 hochgesetzt werde. Eine Formulierung in einem Schriftsatz wurde als „Missverständnis“ deklariert. Wenige Tage nach der Kommunalwahl wurden Anlieger und Politiker dann informiert, dass die Variante mit 2200 nun doch geprüft werde. „Das“, sagt auch Grünen-Politiker Gardemin, „das hat dann doch Geschmäckle.“
Von Conrad von Meding
Das könnte Sie auch interessieren: