Interview: Können die Conti-Altgebäude noch als Wohnungen genutzt werden?
Projektentwickler Dirk Felsmann will die Industrieruinen der Wasserstadt zu Wohnungen umbauen. Wie kann er schaffen, wovon Gutachter abraten? Im HAZ-Interview erklärt er erstmals seine Pläne.28.
August 2019
Der Eigentümer der denkmalgeschützten Industrieruinen am Rande des Neubaugebiets Wasserstadt Limmer will diese abreißen lassen – zu stark seien sie mit Nitrosaminen vergiftet, eine Sanierung lohne sich nicht. Die Stadt aber hat den Abrissantrag abgelehnt – weil ein Projektentwickler aus Hannover es sich zutraut, die Gebäude zu retten. Erstmals spricht Projektentwickler Dirk Felsmann jetzt über diesen Plan.
Herr Felsmann, Sie wollen die mit Nitrosaminen vergifteten Industrieruinen am Kanalufer der Wasserstadt Limmer zu Wohnraum umbauen. Gutachter raten davon ab. Warum wissen Sie es besser?
Erstmal: Ich mache das nicht alleine, sondern zusammen mit meinem Geschäftspartner Gert Meinhof. Wir haben beide – sowohl einzeln wie auch gemeinsam – schon viele Projekte mit vergleichbaren Schwierigkeiten in Hannover und Norddeutschland geschafft. Etwa das Ahrberg-Gelände, die Königliche Reithalle, den Tiedthof oder das Kontorhaus, in dem heute Saturn am Hauptbahnhof wirtschaftet. Dort gab es übrigens auch Nitrosamine.
Gutachter stellen die Gefährlichkeit der krebserregenden Nitrosamine heraus, die bei der Gummiverarbeitung in der Conti-Reifenproduktion tief ins Mauerwerk eingedrungen sind.
Das darf man nicht verharmlosen. Auch wenn jeder weiß, dass sich Nitrosamine auf jedem Toast Hawaii bilden, wenn Käse, Schinken und die Ananassäure gemeinsam erhitzt werden – es gibt eben keine Grenzwerte für dieses Gift, deshalb geht nur: komplett abschirmen. Aber genau mit so etwas haben wir viel Erfahrung. Bei Denkmalen darf man meist die Außenhülle nicht dämmen, deshalb werden sie von innen gedämmt und brauchen dann eine absolut dampfdichte Folie. Sobald die irgendwo verletzt ist, fängt alles an zu schimmeln. Statt dampfdichter Folie verwenden wir in der Wasserstadt eine Alternative, die zusätzlich keine Schadstoffe durchlässt. Das macht in den Investitionskosten Centbeträge pro Quadratmeter aus, führt aber dazu, dass die Denkmale wieder nutzbar sind.
„Die Lage am Wasser ist ein absoluter Vorzug.“
Warum halten dann andere die Weiternutzung für so schwierig, dass sie für die Denkmäler eine Abrissgenehmigung beantragen?
Ich kann nicht beantworten, wie andere ihre Projektentwicklung planen. Wir gehen genau andersherum an solche Vorhaben als viele klassische Projektentwickler. Wir fragen als erstes: Wie können wir derartige Denkmäler erhalten? Natürlich lassen sich in historischen Bauwerken nicht alle Grundrisse optimieren wie in einem Neubau, und vielleicht ist die Rendite am Ende nicht ganz so hoch. Dafür sparen wir uns die Kosten für Abriss und Neubau.
Aber würden sich denn die Wohnungen überhaupt als Eigentumswohnungen verkaufen lassen, wenn man dem Käufer sagen muss, dass hinter seinen Wänden Gift lauert?
Ach, das Thema gibt es doch auf dem gesamten Gelände. Der Großteil der Wasserstadt ist nur aufgeschüttet, darunter befinden sich Altlasten aus der Industrieproduktion. Aber wir haben ohnehin nicht das Problem, dass wir Käufer suchen müssen: Wir behalten alle Wohnungen und vermieten sie. Eine Nachfrage nach diesen Wohnungen gibt es ganz bestimmt. Wir glauben, dass die meisten Menschen in Häusern wohnen möchten, die aussehen, wie ihre Kinder Häuser zeichnen würden: mit Satteldach und großen Fenstern und klaren Eingängen. Das finden Sie dort vor. Abgesehen davon, dass die Lage am Wasser ein absoluter Vorzug ist.
Sie haben Herrn Papenburg ein Kaufangebot geschickt, nachdem er verbreitet hat, er wolle die Gebäude für einen Euro loswerden. Hat er darauf reagiert?
Nein. Es gab nur eine Eingangsbestätigung mit dem Hinweis, man plane noch und komme gegebenenfalls auf uns zu. Fest dürfte stehen: Ein Abriss ist nach Denkmalrecht wohl nicht mehr zu genehmigen, wenn jemand die Gebäude bewahren will.
Wie lange würde es denn dauern, bis Menschen einziehen können?
Wir sagen immer: ein Jahr Planung, ein Jahr Bauzeit. Aber für den zweiten Bauabschnitt der Wasserstadt, in dem die Häuser stehen, gibt es derzeit noch keinen Bebauungsplan. Es ist also derzeit unklar, wann es überhaupt losgehen kann. Und nun will Herr Papenburg ja erst mal gegen das Abrissverbot klagen. Danach hoffen wir, in ein konstruktives Gespräch einsteigen zu können.
Von Conrad von Meding
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