Historische Gebäude schutzlos: Dachplanen sind zerschlissen
Vor einem Jahr wurde die Sicherung der Fabrikdenkmale auf dem Gelände in Hannover-Limmer behördlich angeordnet. Doch inzwischen sind die Planen zerfetzt. Die Bürgerinitiative Limmer fordert Strafen für die Firmen von Investor Papenburg. Doch offenbar bastelt die Stadt bereits an einer Lösung.12.
Juli 2022
Nur ein Jahr lang haben die Plastikplanen auf den Dächern der denkmalgeschützten Fabrik-Altbauten im Baugebiet Wasserstadt Limmer gehalten. Im Sommer 2021 mussten die Unternehmen, die das Wasserstadt-Gelände zum Wohnquartier entwickeln, die Planen auf behördliche Anordnung anbringen, um die historischen Gebäude vor weiterem Verfall zu schützen. Luftbilder zeigen jetzt: Statt Folien sind nur noch Fetzen auf dem Dach. Die Gebäude sind nicht mehr geschützt, es regnet hinein.
Die Bürgerinitiative Wasserstadt, die die Entwicklung des Wohngebiets unter anderem wegen ungelöster Verkehrsprobleme kritisch begleitet, sieht ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Der Wasserstadt-Hauptinvestor Günter Papenburg habe „sein mangelndes Interesse am Erhalt der Altgebäude über viele Jahre dokumentiert“, heißt es in einer Stellungnahme. Daher müsse die Stadt jetzt „schnellstmöglich für die Wiederherstellung angemessener Schutzmaßnahmen sorgen und diese regelmäßig kontrollieren“.
Die alten Fabrikgebäude, in denen Continental und davor die Firma Excelsior Gummireifen produziert haben, waren bis zur Übernahme durch die Wasserstadt-Entwickler vor 20 Jahren äußerlich intakt. Ihre Mauern sind aber schwer mit Nitrosaminen aus der Gummiproduktion vergiftet, der Stoff gilt als krebserregend. Mehrfach ist Papenburg mit Versuchen gescheitert, die Gebäude abzureißen, um auch dort Neubauten zu erstellen. Zuletzt hatte ein Gericht die Haltung der Stadt bestärkt, dass die Denkmale zu erhalten seien. Deshalb mussten 2021, als Papenburg die Dachstühle wegen Baufälligkeit abreißen ließ, die Planen installiert werden.
Sind die offenen Dächer jetzt ein neuer Versuch, den ohnehin schon ruinösen Denkmalen den Todesstoß zu verpassen? „Nein“, sagt Ken Kämpf, Geschäftsführer der Wasserstadt-Gesellschaft: „Wir arbeiten gemeinsam mit Stadt und Denkmalbehörden so konstruktiv wie noch nie an Sanierungskonzepten für diese Gebäude.“ In wenigen Monaten würden die Ergebnisse von Untersuchungen präsentiert, die zeigen sollten, ob und wie eine Nutzung der historischen Immobilien möglich sei.
Andere Projektentwickler wollen seit Jahren kaufen
Kämpf sagt, man werde die Dächer jetzt neu bedecken. Der Vorwurf, man lasse die Gebäude verfallen, sei absurd: „Herr Papenburg steckt seit Jahren Geld in den Erhalt und die Bewachung, das ist mittlerweile ein Millionenbetrag.“ Ärgerlich sei, dass die Stadt sich nicht entschieden habe, ihr Stadtarchiv in den Gebäuden einzurichten: „Das wäre eine gute Nutzung gewesen, weil die Räume dann nicht ständig von Menschen genutzt worden wären.“
„Sanktionen stehen nicht im Fokus. Ziel ist es, konstruktiv gemeinsam eine Lösung zu finden.“
Andere Projektentwickler hatten allerdings schon 2019 erklärt, dass sie die Sanierung der Denkmale und sogar Wohnnutzungen darin für technische lösbar halten. Das Entwicklerduo Gert Meinhof und Dirk Felsmann, das zum Beispiel die denkmalgeschützte Uhlhornkirche oder die Hautklinik Linden zu Wohnraum umgebaut hat und derzeit in Goslar Kasernengelände saniert, hatte Papenburg damals angeboten, die historischen Bauwerke für einen Euro zu übernehmen und dort preiswerten Wohn- und Büroraum einzurichten. Nach Protest von Papenburg haben sie ihr Gebot verbessert und angeboten, die Immobilien zu einem Preis zu kaufen, den ein Gutachter bestimmt.
Seitdem ist aber nichts passiert – außer dass die Gebäude weiter verfallen. Für die Bürgerinitiative Wasserstadt fordert Sprecher Uwe Staade, Papenburg solle die Häuser verkaufen. „Die Altgebäude sind wertvolle Zeugen von über 100 Jahren hannoverscher und limmerscher Industriegeschichte“, sagt Staade.
Von Conrad von Meding
Das könnte Sie auch interessieren: