Papenburg darf Conti-Gebäude auf Wasserstadtareal nicht abreißen
Der Bauunternehmer hat das Kaufangebot von zwei Projektentwicklern laut Kammer nicht ernsthaft geprüft. Außerdem muss der Investor der Stadt 225.000 Euro für die Bezahlung eines Wachdienstes erstatten.10.
Dezember 2019
Zwei empfindliche Niederlagen hat Bauunternehmer Günter Papenburg, Hauptgesellschafter der Wasserstadt Limmer GmbH & Co. KG, am Dienstag vor dem Verwaltungsgericht Hannover kassiert: Er darf die beiden historischen Conti-Fabrikgebäude Nummer 44 und 51 am Ufer des Stichkanals Linden nicht abreißen, und er muss der Stadt 225.000 Euro zahlen, die diese für eine fünf Monate währende Bewachung der denkmalgeschützten Bauruinen vorgestreckt hatte. Die 4. Kammer unter Vorsitz von Richter Andreas Kleine-Tebbe wies die entsprechenden Klagen des Investors gegen die Stadt Hannover zurück. Ein drittes Thema – es geht um 77.000 Euro für das Vernageln von 327 Erdgeschossfenstern und -türen zur Gefahrenabwehr – wurde am Dienstag zwar gestreift, jedoch wird erst in einem späteren Verfahren über die endgültige Übernahme der Kosten entschieden.
Die Stadt hatte den Antrag von Bauunternehmer Papenburg, die beiden unter Denkmalschutz stehenden Backsteinbauten am Kanal abreißen zu dürfen, im August 2019 abgelehnt. Dies sei nur statthaft, wenn der Eigentümer nachweisen könne, dass ein Erhalt für ihn wirtschaftlich nicht tragbar sei. Das ist ihm nach Einschätzung der Stadt nicht gelungen.
„Wenn ich sehenden Auges eine Schrottimmobilie kaufe, kann ich Jahre später nicht mangelnde Wirtschaftlichkeit geltend machen.“
Richter Andreas Kleine-Tebbe
In der Urteilsbegründung hob Richter Kleine-Tebbe darauf ab, dass die Wasserstadt Limmer GmbH nicht in ausreichendem Maße versucht habe, die beiden mit Nitrosaminen verseuchten Gebäude weiterzuverkaufen – etwa an die Projektentwickler Dirk Felsmann und Gert Meinhof, die Papenburg im Sommer ein Ein-Euro-Kaufangebot unterbreitet hatten. Wie der Vorsitzende erläuterte, habe die Kammer zu den potenziellen Käufern Kontakt aufgenommen und Gespräche geführt; Kleine-Tebbe händigte den Prozessbeteiligten eine vom 2. Dezember 2019 stammende E-Mail von Felsmann aus, in der dieser seine Kaufabsichten bekräftigt. In einem Interview mit der HAZ hatte der Projektentwickler erklärt, die schadstoffgetränkten Wände im Innenbereich wirkungsvoll abschirmen und in den Gebäuden Wohnraum schaffen zu können.
„Wir nehmen es den Projektentwicklern nicht ab, dass sie ernsthaft an einem Kauf der Fabrikgebäude interessiert sind und eine Wohnnutzung wirtschaftlich tragfähig sein könnte“, erklärte Wasserstadt-Anwalt Christoph Eichhorn. Die Antwort von Kleine-Tebbe: „Wir kennen Felsmann und Meinhof als seriöse Sanierer, die schon mehrere prominente Gebäude in Hannover umgestaltet haben.“
Im Laufe der zweistündigen Verhandlung führte das Gericht noch ein weiteres Argument ins Feld, das gegen den Abriss-Wunsch Papenburgs spreche. Als er das Conti-Gelände 2005 gekauft habe, sei ihm bekannt gewesen, dass die Fabrikgebäude schadstoffbelastet sind und unter Denkmalschutz stehen. „Wenn ich aber sehenden Auges eine Schrottimmobilie kaufe, kann ich Jahre später nicht mangelnde Wirtschaftlichkeit geltend machen“, sagte Kleine-Tebbe.
Alternative Stadtarchiv?
Im Oktober hatte Günter Papenburg einen anderen Vorschlag ins Spiel gebracht: Die Stadt, die händeringend neue Räumlichkeiten für ihr Archiv sucht, könne doch auf die beiden Fabrikgebäude in Limmer zugreifen. Dies lehnte die Verwaltung, wie sie vor Gericht bestätigte, jedoch aus verschiedenen Gründen ab.
Die zweite Niederlage kassierte der Wasserstadt-Eigentümer im Streit um drei Wachleute, die die Stadt im Zuge einer „Ersatzvornahme“ – weil Papenburg einer entsprechenden Weisung nicht nachgekommen war – zwischen Juli und Dezember 2018 eingesetzt hatte. Hintergrund war, dass abenteuerlustige Besucher immer wieder in die Conti-Gebäude eingedrungen waren und es aufgrund von Unfällen und Suiziden mehrere Verletzte und Tote gegeben hatte. Das Gericht teilte die Auffassung der Verwaltung, dass eine reine Videoüberwachung der damals noch nicht nachhaltig abgesperrten Gebäude unzureichend gewesen wäre; erst ab Januar 2019 habe die Kombination aus verrammelten Zugängen und Kameraüberwachung ausreichenden Schutz von unbefugtem Eindringen geboten.
Stadt begrüßt Gerichtsurteil
Günter Papenburg setzt darauf, mit dem neuen Oberbürgermeister „ins Gespräch zu kommen“ und ihn doch noch von der Idee überzeugen zu können, das Stadtarchiv in Limmer zu installieren. Gegen die Urteile des Verwaltungsgerichts will er Berufung einlegen, und von dem Kaufangebot der Projektentwickler Felsmann und Meinhof hält er nicht viel. „Ich will das ganze Gelände bebauen und kann da keine Störenfriede gebrauchen“, so der Unternehmer. Abgesehen davon sei das Ein-Euro-Angebot ein Witz, schließlich habe er schon Millionen in Entkernen und Absicherung der Fabrikgebäude gesteckt.
Von Michael Zgoll
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